Dreimal EM-Silber und WM-Fünfte

Leichtathletik Speerwerferin Birte Rothkehl vom SC Melle und ihr 35-Meter-Traum

 

Bericht Heike Dierks, Meller Kreisblatt 13.04.2022

Leichtathletin Birte Rothkehl vom SC Melle hat bei der Senioren-EM in Portugal kürzlich Silber im Speerwurf gewonnen. Ihre zuletzt erzielten 32,50 Meter sollen nicht das Ende der Entwicklung sein. So kam die heute 49-Jährige zum Sport, und das ist ihr großer Traum im zweiten Karriereabschnitt.


Einst mit Bruder Gerrit Meinke gekickt Birte Rothkehl, geborene Meinke, ist in einer sportbegeisterten Familie aufgewachsen und hat von klein auf an Wettkämpfen teilgenommen. Ihr Bruder Gerrit war später Fußballprofi beim VfL Osnabrück. „Ich habe früher gerne mit meinem Bruder gekickt“, erzählt Rothkehl strahlend. Ihr Vater Hans Peter ist noch heute engagiert bei den Leichtathleten des SC Melle.


Die kleine Birte hat früher bei Tura Melle geturnt und parallel mit Leichtathletik begonnen. Zudem probierte sie Basketball, Volleyball und Handball aus. „Mein Herz hat aber immer mehr für die Leichtathletik geschlagen. Mit 13 Jahren habe ich das dann nur noch gemacht. Die turnerische Ausbildung kommt mir aber heute noch zugute“, erzählt die 49-Jährige. Der Ballwurf entwickelte sich zum ersten Steckenpferd: Als Zehnjährige warf sie bereits 43,50 Meter – bis heute der Vereinsrekord der unter Zwölfjährigen auch beim Tura-Nachfolgeverein SC Melle.


Meinke wurde danach zur Siebenkämpferin – und kam so mit dem Speer in Kontakt. Das Mädchenteam unter Trainer Eckhard Staege wurde zur verschworenen Gemeinschaft und feierte Erfolge auf Landes- und norddeutscher Ebene. „Das war eine sehr schöne Zeit.“ Meinke gehörte in der Jugend zur deutschen Spitze im Siebenkampf, wurde Dritte bei der Jugend-DM. Ihre zweite Stärke neben dem Speerwurf war der Hochsprung. Im Alter von 19 brach das Meller Siebenkampf-Team auseinander. Meinke fokussierte sich fortan aufs Speerwerfen – eine technisch anspruchsvolle und dynamische Disziplin.


Jahrelange Sportpause wegen Rückenschmerzen.

 

Als Erwachsene hatte Rothkehl irgendwann mit hartnäckigen Rückenschmerzen zu kämpfen und verabschiedete sich vom Sport – vorübergehend. Nach siebenjähriger Wettkampfpause waren die Probleme mit Anfang 30 behoben – und die Leidenschaft für den Speerwurf wurde neu entfacht. „Ich konnte wieder richtig Sport treiben“, berichtet die Athletin, die fortan in den Seniorenklassen startete und schnell den Anschluss fand.
Ihr Trainer, der inzwischen verstorbene Frank Rüdiger, kitzelte über Videoanalysen noch mehr aus der generell technisch starken Werferin heraus. „Der hat mich sehr vorangebracht“, sagt die Sportlerin dankbar.


Heute trainiert die Deutsche Meisterin der Altersklasse W45 viel alleine, sie ist die einzige etwas ältere Speerwerferin beim SCM. Doch das bremst ihren Ehrgeiz keinesfalls. Beim Speertraining auf dem Carl-Starcke-Platz wird die EM-Zweite von ihrem Mann Axel gefilmt. Denn über das Studium ihrer Wurftechnik will sich die Sportlerin weiter verbessern. „Der Speer fliegt jedes Mal anders. Wenn man es schafft, Technik und Dynamik gut zu kombinieren, dann ist vieles möglich“, erklärt Rothkehl das Rezept.


Der Outdoor-Sport spielt auch abseits der Wettkämpfe eine große Rolle im Leben der 49-Jährigen. Die Assistentin der Geschäftsleitung in einem Osnabrücker Unternehmen fährt begeistert Ski, taucht und macht Stand-up-Paddling. Die Ziele für die Reisen mit ihrem Mann Axel werden entsprechend ausgesucht. „Ich interessiere mich außerdem für Kultur, Kunst und Design und lasse mich gerne für neue Dinge inspirieren.“ Das Corona-Projekt: Die Mellerin lernt nun Ukulele zu spielen. „Nach der EM habe ich mehr Luft dafür.“ Doch nach der EM ist vor dem Wettkampf.
Die Ziele für die nächste Zeit sind gesteckt. Ab Mai sollen die Sommerwettkämpfe starten. Bezirks-, Landes-, Norddeutsche und Deutsche Meisterschaft: Rothkehl hofft, überall dabei zu sein. „Ich bin fit, es soll weitergehen“, betont sie. Auch die nächste Europameisterschaft 2023 soll nicht ohne die WM-Fünfte von 2009 stattfinden. Eine neuerliche WM-Teilnahme wäre eine willkommene Zugabe.

Nur 25 Zentimeter unter jüngerer Bestleitung

Beim Gewinn ihrer inzwischen dritten EM-Silbermedaille vor wenigen Wochen warf die Grönegauerin den Speer in der Klasse W45 auf 32,25 Meter – damit lag sie bis zum letzten Durchgang im portugiesischen Braga sogar auf Goldkurs und übertraf ihren Wurf zum DM-Titel aus dem vorigen Sommer noch einmal um 23 Zentimeter. Ihr Topwert der jüngeren Vergangenheit liegt bei 32,50 Metern. Die inzwischen 14 Jahre alte Bestweite aus der Zeit vor der Verletzungspause betrug 36,23 Meter. „Mein Traum ist es, noch mal 35 Meter zu werfen“, sagt Rothkehl lächelnd und fügt an: „Viele Speerwerferinnen werden im Alter besser.“