„Blödsinn und Chaos – wie mit meinen Brüdern“

Deutsche Meisterin Möllers über ihre Bayer-Leverkusen-Gruppe mit drei Männern und der Bundes-Cheftrainerin

Großartig Zeit, sich den zahlreichen herzlichen Mails und Sprachnachrichten nach ihrem Sieg bei der deutschen Meisterschaft in Braunschweig zu widmen, blieb Ria Möllers (Bayer Leverkusen) nicht. Die Stabhochspringerin aus Melle startete am Montag, also gut 50 Stunden nach dem DM-Triumph, beim internationalen Meeting im schwedischen Sollentuna.

Dort machten sich die Strapazen der DM bei sengender Hitze bemerkbar: Die 3,94 Meter übersprang Möllers in Schweden noch im dritten Versuch. Die 4,14 Meter – 26 Zentimeter weniger als sie noch in Braunschweig bewältigt hatte – waren diesmal zu hoch.

Unter den zahlreichen DM-Gratulanten befanden sich indes auch Athleten aus gemeinsamen Jugendzeiten beim SC Melle. Auch dessen Vorstand meldete sich. „Der SCM ist mein Heimatverein. Ich trainiere dort heute noch gerne, wenn ich in der Heimat bin“, sagt die 24-Jährige. Sie habe alle wichtigen Grundlagen in Melle erlernt. „Vor allem meinem ehemaligen Trainer Frank Rüdiger verdanke ich viel. Meine erste deutsche Jugendmeisterschaft 2014 habe ich noch im Meller Trikot gewonnen“, betont Möllers.

Nach einem halbjährigen USA-Aufenthalt schloss sich das Leichtathletik-Talent 2015 dem Traditionsverein Bayer Leverkusen an. „Ich bin dort weiterhin sehr glücklich mit meiner Trainerin und meiner Trainingsgruppe“, sagt sie. Ihr Coach ist Christine Adams, die Männer- und Frauen-Cheftrainerin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) im Stabhochsprung.

Drei weitere Athleten gehören dieser Trainingsgruppe an: Bo Kanda Lita Baehre, Torben Blech und Philip Kass. Die ersten beiden holten einen Tag nach Möller mit 5,75 und 5,50 Metern Gold und Silber bei den Männern, Kass wurde Sechster. „Unsere Gruppe hat eine tolle Eigendynamik. Wir pushen uns gegenseitig, treten uns aber auch in den Hintern, wenn es notwendig ist“, sagt sie.

Mit drei Männern zu trainieren sei für sie nie gewöhnungsbedürftig gewesen. „Sicher: Die Gruppe ist sehr laut, hat auch viel Blödsinn im Kopf und ist manchmal chaotisch. Aber ich habe zwei ältere Brüder. Da bin ich abgehärtet“, sagt Möllers lachend.

Gestählt ist die Mellerin auch darin, was die finanzielle Unterstützung als Leichtathletin betrifft. Vom DLV gibt es keine Meisterschaftsprämie. „Vom Verein gibt es aber etwas – von der Höhe lasse ich mich überraschen“, sagt sie. Von einem regelrechten Leistungsentgelt kann generell aber nicht die Rede sein. „Nur die deutschen Weltklasse-Ahleten haben einen Verdienst“, sagt sie. Ohne die finanzielle Unterstützung der Eltern könne sie das Lehramtsstudium (Deutsch/Englisch) plus die professionelle Leichtathletik nicht aufrechterhalten. „Da ich noch keine 4,50 Meter gesprungen bin, gehöre ich nicht zum Bundeskader, dessen Athleten finanziell unterstützt werden. Einmal in der Woche leite ich an einer Leverkusener Grundschule die Schul-AG im Schwimmen und verdiene mir so ein wenig nebenher“, sagt Möllers.

Immerhin hätte der Veranstalter des stark besetzten schwedischen Meetings die Kosten für die Flüge und das Hotel übernommen. „Ich weiß gar nicht, ob mein Berater zudem eine kleine Gage aushandeln konnte. Viel würde es aber selbst dann nicht zu verdienen geben“, sagt die 24-Jährige. Doch Geld ist so oder so nicht ihr Antrieb für den Profisport. „Ich will weitere Konstanz entwickeln und den nächsten Schritt vorankommen“, sagt Möllers.

 

Bericht aus NOZ Sport Regional, Christian Detloff